Sie war eine der bedeutendsten Künstlerinnen und Naturforscherinnen des 17. und frühen 18. Jahrhunderts und lebte ein für ihre Zeit ungewöhnlich selbstbestimmtes und unkonventionelles Leben. Zum 375. Geburtstag der großen Künstlerin zeigte die Kulturinitiative Gmünd in Zusammenarbeit mit dem Kunstkabinett Strehler, Sindelfingen, und dem Kunsthistorischen Museum Wien vom 7. Mai bis 2. Oktober 2022 erstmals in Kärnten eine umfassende Auswahl an Kupferstichen, Umdrucken und Aquarellen von Maria Sibylla Merian (1647-1717) und präsentierte damit zum ersten Mal eine Künstlerin von Weltrang in einer Einzelschau in der Stadtturmgalerie Gmünd.
Nach den großen Erfolgen der bisherigen Ausstellungen in der Stadtturmgalerie Gmünd - DÜRER (2015), GOYA (2016), MIRÓ (2017), MATISSE (2018), TURNER (2019), QUINN (2020) und PICASSO (2021) – sollte nun erstmals einer Frau Raum gegeben werden, die sich sowohl als Künstlerin, als auch als Naturwissenschafterin einen internationalen Ruf erworben hat: Maria Sibylla Merian (1647-1717) begeisterte bereits ihre Zeitgenossen mit ihren kunstvollen, bis ins Detail naturgetreuen Abbildungen von Pflanzen und Insekten, die sie in großen Buchwerken ab 1675 veröffentlichte. Neben Angelika Kaufmann gilt sie als eine der wenigen Frauen, die sich nachhaltig in die Kunstgeschichte eingeschrieben haben.
Zur Blumenmalerin und Kupferstecherin ausgebildet, entwickelte Maria Sibylla Merian bereits als Kind eine Faszination für die kleinen Lebewesen und da vor allem für die geheimnisvolle Metamorphose der Schmetterlinge, die ihr Lebenswerk prägen sollte. Spätestens ab der Arbeit am „Raupenbuch“, dessen erster Band mit 51 Stichen 1679 erschien, zeigte sich ihre Leidenschaft, den Lebenszyklus der Arten und ihr Zusammenleben mit bestimmten Wirtspflanzen zu verstehen, diesen sowohl im Bild als auch im Text zu dokumentieren und zu veröffentlichen. Im Wissen, dass viele Kunstgattungen wie etwa die Ölmalerei sowie generell wissenschaftliche Forschungen zu jener Zeit ausschließlich Männern vorbehalten waren, sind ihre künstlerischen wie naturwissenschaftlichen Leistungen nicht hoch genug zu schätzen.
Die Gmünder Ausstellung präsentierte mit Maria Sibylla Merian eine außergewöhnliche Künstlerin, die sich über viele Konventionen ihrer Zeit hinweggesetzt hat, ein weitgehend selbstbestimmtes Leben geführt und mit ihrer Tochter sogar die niederländische Kolonie Surinam bereist hat, um vor Ort die Metamorphose der Schmetterlinge, der ihr Hauptinteresse galt, zu studieren und festzuhalten. Die sogenannten Biotopbilder aus Merians Hauptwerk „Metamorphosis Insectorum Surinamensium“, auf denen sie die Schmetterlinge samt ihren Eiern, Raupen und Verpuppungen auf ihren jeweiligen Wirtspflanzen abbildete und das 1705 erschien, zählen bis heute zum Schönsten, was es an Tier- und Pflanzendarstellungen in der Kunstgeschichte zu sehen gibt. Dieses Werk trug ihr nicht nur die Bewunderung ihrer Zeitgenossen ein, sondern auch die Wertschätzung von Carl von Linné, dem „Vater“ der modernen botanischen und zoologischen Systematik, sowie späterer Generationen von Entomologen und Naturmalern, denn Merians Bilder und Texte sind von ebenso hohem künstlerischen wie wissenschaftlichen Wert.
Die Ausstellung in Gmünd wollte daher mit einer prachtvollen Auswahl an Kupferstichen, Umdrucken und Aquarellen aus allen drei Hauptwerken Merians – dem „Neuen Blumenbuch“, dem „Raupenbuch“ und der „Metamorphosis Insectorum Surinamensium“, dem sogenannten „Surinambuch“ (1705) –, bewusst machen, welch künstlerischer und zugleich auch wissenschaftlicher Stellenwert den Arbeiten Merians zukommt. Freuen durfte man sich in Gmünd besonders auf die umfangreiche Auswahl an wunderbaren großformatigen, altcolorierten Kupferstichen Merians aus dem berühmten Surinambuch. Die Schau gewährte zudem einen Einblick in das künstlerische Umfeld von Maria Sibylla Merian, zeigte einige – kärntenbezogene – topographische Werke ihres Vaters Matthäus Merian des Älteren (1593-1650), jenes berühmten Frankfurter Verlegers, dessen Name noch heute ein bedeutender Reisebuchverlag trägt, Stiche von Georg Hoefnagel (1542-1600), einer der ersten, der Insektendarstellungen zu einem eigenen Bildsujet erhob und Maria Sibylla Merian zum Vorbild wurde, sowie Arbeiten ihres Stiefvaters und Lehrers, des angesehenen Blumenmalers Jacob Marrel (1614-1681).
Dass die Merianin, wie sie oft selbst signierte, bis heute nicht an Aktualität eingebüßt hat und noch immer Einfluss auf nachfolgende Künstlergenerationen ausübt, bewiesen mit Irene Andessner, Michael Bachhofer, Alfredo Barsuglia, Matthias Garff, Elisabeth Gschiel, Katharina Steiner und Marcin Zawicki sieben erfolgreiche zeitgenössische Künstlerpersönlichkeiten, die sich auf spannende Art mit dem Werk der Künstlerin auseinandersetzten und der Ausstellung damit eine lebendige, aktuelle Facette gaben. Ihre Beschäftigung mit dem Schaffen der Künstlerin unterstrich die bleibende Relevanz Maria Sibylla Merians und lud die BesucherInnen dazu ein, ihr Werk in einem neuen Kontext zu betrachten. Und nicht zuletzt ermöglichte die Gmünder Ausstellung auch eine Gegenüberstellung von Kunst und Natur, indem aus den Beständen des Landesmuseums Kärnten, das die größte Schmetterlingssammlung Österreichs beherbergt, jene Schmetterlinge in Schaukästen gezeigt wurden, die auf den Arbeiten von Maria Sibylla Merian abgebildet sind. Natur und Kunst verschmolzen damit in Gmünd zu einem Gesamterlebnis.
Zu sehen war die Ausstellung vom 7. Mai bis 2. Oktober 2022, täglich von 10 bis 13 und 14 bis 18 Uhr.
Ein umfangreiches Rahmenprogramm mit zahlreichen MERIAN Vortrags-, Literatur- und Filmmatineen begleitete die Ausstellung. Zur Ausstellung erschien ein ausführlicher Katalog (bereits vergriffen!).
Birgit Strehler MA, Kunsthistorikerin, Merian-Spezialistin und Leihgeberin, stellt unter dem Titel "Von der Blumenmalerei zum Metamorphosenbild" das außergewöhnliche Werk Maria Sibylla Merians in Beziehung zur Zeit der Künstlerin vor.
mehr...Prof. Mag. Dr. Helmut Zwander, Präsident des Naturwissenschaftlichen Vereins für Kärnten, lädt unter dem Titel "Wilde Genüsse - essbare Wildpflanzen am Wegesrand" zu einer botanischen Exkursion in die Umgebund von Gmünd ein.
mehr...Dr. Susanne König-Lein, Kunsthistorikerin, Salzburg, spricht über Maria Sibylla Merian und ihre Künstlerkolleginnen im 17. und 18. Jahrhundert.
mehr...Mag. Margarete Miklautz, Kunsthistorikerin und Antiquitätenhändlerin, Gmünd, spricht zum interessanten Thema "Die WERT-Schätzung der Frau in der Kunst von der Renaissance bis heute".
mehr...Die beiden Kuratorinnen der MERIAN Ausstellung, laden Sie zu einem spannenden Rundgang durch Stadtturmgalerie Gmünd ein und geben dabei Einblicke in Konzeption und Gestaltung dieser wunderbaren Ausstellung ...
mehr...Dr. Christian Wieser, Leiter der Abteilung für Zoologie am Landesmuseum Kärnten und der Fachgruppe für Entomologie des Naturwissenschaftlichen Vereins für Kärnten, lädt zu einer Nacht-Schmetterlingsexkursion in der Umgebung von Gmünd ein.
mehr...Heuer dürfen Sie sich auf einen besonders poetischen Vormittag freuen, wenn Angelica Ladurner ausgewählte Texte von Maria Sibylla Merian lesen wird, die die Künstlerin und Naturforscherin ihren berühmten Kupferstichen im Raupenbuch und im Surinambuch beigefügt hat ...
mehr...Dr. Katja Schmitz-von Ledebur, interimistische Direktorin der Kunstkammer und der Kaiserlichen Schatzkammer des Kunsthistorischen Museums Wien, spricht über Tier- und Pflanzendarstellungen auf historischen Textilien.
mehr...Das Amsterdam des Goldenen Zeitalters ist besessen von einer botanischen Sensation: der Tulpe. Börsenspekulanten bieten horrende Summen für Exemplare, die sie noch nie zu Gesicht bekommen haben. Da beginnt die verhängnisvolle Affäre eines Malers mit der Frau seines Auftraggebers.
mehr...Univ.-Prof. Dr. Edgar Lein, Salzburg, spricht über die Entwicklung der Natur- und Pflanzendarstellungen ab der Renaissance: „Getreu der Natur - Die Darstellung von Pflanzen und Insekten vom 15. bis ins 17. Jahrhundert“
mehr...Alle Vortrags-, Literatur und Filmmatineen finden, wenn nicht anders angegeben, im Kulturkino Gmünd statt. Anmeldung und Platzreservierung im Kulturbüro unter Tel.: +43 4732 221524 oder office@kuenstlerstadt-gmuend.at
Für 2022 bot die Kulturinitiative Gmünd zur MERIAN Ausstellung drei verschiedene Kunstvermittlungsprogramme für Kindergartengruppen und Schulklassen aller Altersstufen an. Nach einer altersgerechten Führung durch die Ausstellung mit unseren speziell ausgebildeten KunstvermittlerInnen, wurden im Anschluss in der Kreativwerkstatt Gmünd selbst gänzlich neue und fantastische Insekten kreiert.
Weiters fanden in den Sommerferien jeden Donnerstag die MERIAN Kindermaltage statt, aber auch Erwachsene hatten Gelegenheit, sich in zwei herausragenden Kursen der Sommerakademie Gmünd in die Faszination der botanischen Illustration zu vertiefen. Mit dem MERIAN Begleitheft für Kinder lösten junge Besucher spannende Aufgaben in der Ausstellung und wurden selbst zu kleinen Natur- und Schmetterlingsforschern.
MERIAN Kunstvermittlungsprogramm (PDF, 2.9MB)
»Unsere beiden 5ten Klassen vom Borg/Spittal waren begeistert von der tollen Führung und der anschließenden Arbeit in der Kreativwerkstatt! Vielen vielen Dank für dieses spitzenmäßig organisierte Kulturvermittlungsprogramm. Wir hatten einen wundervollen Schultag und kommen gerne wieder.« (Sandra Gebhard, Borg Spittal/Drau)
Für unser junges Publikum gab es etwas ganz Besonderes: ein Kinderbegleitheft, das kostenlos an der Kassa verteilt wurde und den Ausstellungsbesuch zum besonderen Erlebnis machte. Der erfolgreiche österreichische Künstler und herausragende Zeichner Moussa Kone hat dieses Heftchen mit kreativen Aufgabenstellungen und interaktiven Suchspielen für Kinder und Jugendliche gestaltet. Unsere jungen Gäste erfuhren spielerisch, woher etwa der Name „Schmetterling“ rührt, oder woher die Vogelspinne ihren Namen hat – so viel sei verraten: Es hat durchaus mit Maria Sibylla Merian zu tun!
Längst wieder daheim, regte das Heftchen dazu an, über den Sommer selbst als SchmetterlingsforscherIn tätig zu sein und die eigenen Beobachtungen auf der Plattform www.naturbeobachtung.at des Naturschutzbund Österreich zu melden. Dabei gab es sogar etwas zu gewinnen, denn unter allen jungen MERIAN-SchmetterlingsforscherInnen wurde ein Preis für die meisten Nennungen ausgeschrieben: ein kleiner Originalkupferstich aus dem berühmten Raupenbuch von Maria Sibylla Merian!
Mit zwei Kursen innerhalb unseres Sommerakademie-Programms, boten wir auch Erwachsenen die Möglichkeit, sich intensiver mit Technik und künstlerischer Umsetzung botanischer Beobachtungen auseinanderzusetzen:
BOTANISCHE MALEREI | INTENSIVKURS AQUARELL, Kursleitung: Isabel Mischka
BOTANISCHE MALEREI, Kursleitung: Margareta Pertl
Schmetterlinge, Insekten, Blumen und Pflanzen – was für ein Thema auch für den Naturschutz. Der enorme Rückgang unserer Schmetterlinge und ihrer Artenvielfalt haben bedrohliche Ausmaße erreicht, viele Schmetterlinge stehen in Österreich auf der Liste der bedrohten Arten. Mit dem gemeinsamen MERIAN Schmetterlingsprojekt des Österreichischen Naturschutzbundes und der Kulturinitiative Gmünd sollten uns, ganz im Sinne von Merian, die Augen geöffnet werden für die kleinen Schönheiten dieser Erde.
Die Ausstellung wurde von MMag. Julia Schuster, STRABAG Kunstforum, Wien, und Dr. Erika Schuster, Kulturinitiative Gmünd, kuratiert. Tatkräftige Unterstützung erfuhren sie von der Leihgeberin und Merian-Spezialistin Birgit Strehler, Kunstkabinett Strehler, Sindelfingen/Stuttgart, sowie vom Kunsthistorischen Museum Wien.
Kulturinitiative Gmünd
Hauptplatz 20
9853 Gmünd in Kärnten
Tel. 0043 (0)4732/ 2215-24
kultur.gmuend@aon.at
www.kuenstlerstadt-gmuend.at
2023 präsentiert die Stadtturmgalerie Gmünd mit dem Surrealisten MAX ERNST den international wohl bedeutendsten deutschen Künstler des 20. Jahrhunderts. Mit über 80 Arbeiten, darunter Lithografien, Radierungen, Frottagen, Collagen und Skulpturen spannt die Gmünder Schau einen Bogen von den 1920er- bis in die 1970er-Jahre ...
Die Kulturinitiative Gmünd zeigte vom 1. Mai bis 26. September 2021 eine repräsentative Auswahl an Lithografien, Radierungen und farbigen Linolschnitten von Pablo Picasso, desjenigen Künstlers, der die Kunst des 20. Jahrhunderts wie kein anderer geprägt hat. Die Ausstellung in Gmünd sollte bewusst ...
Als bedeutendes Ausstellungshaus im Süden Österreichs präsentierte die Stadtturmgalerie Gmünd 2019 eine fantastische Auswahl an Aquarellen und Radierungen des wohl berühmtesten britischen Malers aller Zeiten. Bekannt als „Meister des Lichts“ fing Joseph Mallord William Turner in seinen Landschaftsbildern ...
Henri Matisse zählt zu den einflussreichsten und wichtigsten Künstlern des 20. Jahrhunderts. Als Grafiker, Maler und Bildhauer hinterließ er ein reiches und beeindruckendes Lebenswerk. Die Kulturinitiative Gmünd zeigte im Sommerhalbjahr 2018 einen beeindruckenden Querschnitt durch das brillante ...
Joan Miró zählt mit seinen fantasievollen Bildmotiven zu den populärsten Künstlern des 20. Jahrhunderts. Die Kulturinitiative Gmünd zeigte im Sommerhalbjahr 2017 einen umfassenden Einblick in das fantastische druckgrafische Werk Joan Mirós und präsentierte einen Künstler, dessen poetischer Umgang ...
Unter dem Motto „Nothing is as pretty as a Rizzi City“ präsentierte die Kulturinitiative Gmünd 2014 den legendären New Yorker Pop Art Künstler James Rizzi. In Gmünd wurden erstmals Rizzis berühmte 3D-Konstruktionen, handcolorierte Zeichnungen, Magnetic paintings und Siebdrucke den Arbeiten der ...